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THOMAS WAGNER zur Ausstellung "Frankfurter Kreuz" in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main (16. Juni bis 12. August 2001)
 

Frankfurter Kreuz

 

Dann hatte Gerhard Richter - zehn Jahre nach den Ereignissen des Deutschen Herbstes - die Reste zusammengelegt, einer, der zehn Jahre zuvor nur Zuschauer war, wie die meisten anderen. Nun, da mit Richters Gemälden einer der wichtigsten Historienzyklen der deutschen Nachkriegszeit nach Amerika entschwunden ist, bleibt nur die "Coverversion" zurück, getränkt mit Farbe und Ironie. Susi muß es geahnt haben. Aus dem Farbbad der Appropriation tauchen bislang verborgene Züge auf. Zu Ikonen des Pop sind die Heroen und Heroinen geworden. Also lautet das Ergebnis ihrer Revision im Zeichen des €sthetischen. Die RAF war ein fehlgeleiteter Teil der Popkultur, also soll sie auch sichtbar zu Pop werden. Wenn Terror und Gewalt von ihrer medialen Inszenierung nicht mehr sauber zu trennen sind, muß selbst das hochpolitische Thema in die Konjunktur des Ästhetischen zurückgeholt werden.

Charmant beobachtet SUSI POP, wie im pinkfarbenen Farbsturm, der von den Paradiesen der Medien her weht, alle Heroisierungen lächerlich werden, die auf der Macht der Geschlechterdifferenz basieren. Den Blick auf die Katastrophe geheftet, dreht sie weiter an der Distanzschraube, wohl wissend, daß sich keine Authentizität beschädigen läßt, wo nie eine gewesen ist. Der "Schnurrbart der Ulrike Meinhof" wird so zum Warnschild vor der "Identifikationsfalle" (Wolfgang Kraushaar), in welche die radikale Linke lange genug getappt war, weil ihre psychische Disposition sie daran hinderte, die ästhetische und mediale Dimension des Terrorismus und seines Personals wahrzunehmen. Inzwischen ist ohnehin alles Kommerz geworden. Wenn, wie Ulrike Simon im "Tagesspiegel" berichtet, noch der tote Andreas Baader in einem Magazin mit dem schönen Titel "Tussi Deluxe" für "Schluppen, gesehen bei Woolworth" werben muß, stapelweise T-Shirts mit dem RAF-Symbol verkauft werden und zwei Netzreporterinnen, die das Berliner Nachtleben verfolgen, auf den Namen "Prada-Meinhoff" hören, dann läßt sich nicht mehr leugnen: alles ist Pop geworden. SUSI POP trägt keine Brille. Schon gar keine rosarote. Sie sieht die Welt, wie sie ist.

 
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